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Mallorquinische Küche

Mallorquinische Küche: Zwischen Malle und Maiorica liegen Paella und Ensaimadas

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Einst das „Armenhaus Spaniens“, gilt Mallorca heute - der Wirtschaftskrise trotzend - als eine der wohlhabendsten Regionen Europas. Reich gemacht durch die Kronjuwelen Meer, Strand, Wald, Berge und die Schätze von Acker und Feld, Weide und Flur. Sie lassen im milden Klima der fast durchgängig besonnten Baleareninsel eine eigenständige Küche wachsen, die deftig und leicht, eigenwillig und anschmiegsam, lebendig und traditionell zugleich ist.

Vom Modell Mallorca zum Menu del día

Anfang der 50er Jahre lebte Mallorca weitgehend von der Landwirtschaft, heute tragen die Bauern nur noch mit knapp 2 Prozent zum Wirtschaftsaufkommen der Insel bei - obwohl immer noch zwei Drittel der Insel von Agrarflächen bedeckt sind.  Armut prägte seit jeher die Inselschönheit. Nach dem Krieg wandelte sich die größte der Baleareninseln (Maiorica nannten sie die Römer im Vergleich zu Menorca) zu einer ökonomisch strukturierten, modernen Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft. Vielen Einheimischen ging das zu ungesteuert vonstatten - Goldgräberjahre, Dallas ließ grüßen - und seit Jahren setzen sich Initiativen und staatliche Lenkungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Natur- und Landschaftserbe ein. An manchen Stellen allerdings - zu spät.

Eine große Zahl der rund 3.000 Restaurants, Bodegas, Gaststätten und Tapas-Bars kredenzt vor allem im Landesinneren bei flackerndem Herdfeuer und auf kariertem Tischtuch einfache, aber ausgezeichnete, ursprüngliche und erschwingliche Mahlzeiten. Das „Malle“ der Pauschaltouristen setzt in den Touristenhochburgen den Gasterwartungen entsprechend zwar auch Paella und Pizza auf die Karte. Mallorca-typisch sind sie keineswegs.

Dagegen ist das Lammfleisch aus der mallorquinischen Inselküche nicht wegzudenken. Im Cassola de Xot vereint sich geradezu vorbildlich eine Vielzahl an inseltypischen Zutaten und Gewürzen:

Lammkotellets_Mallorca_kk

Lammragout
aus Lammfleischwürfeln, Zwiebeln, Olivenöl, gekochten Kichererbsen, Artischockenherzen, grünen Bohnen, Tomaten, Lauch, Knoblauchzehen, gerösteten Mandeln, Safran, Zimt, Orangenabrieb, Rosmarin und Thymian. Und Rotwein. Auch die Costillas de Cordero (Lammkoteletts) und das Frito mallorquin (gegrillte Lamminnereien mit Paprikaschoten, Lauchzwiebeln, Safran, Pilzen, Knoblauch, Kartoffeln - alternativ mit durchwachsenem Schweinefleisch, Lende und Leber) können sich schmecken lassen.

Bewusst genießende Mallorca-Besucher sind keine Touris, die im Gastland genauso leben wollen wie zuhause. Sie treibt neugieriges Interesse an landestypischer Esskultur und Sitten an die mallorquinischen Herde. Schulter an Schulter mit einheimischen Landarbeitern, Fernfahrern, Fischern und Handwerkern heben sie in Dorfgasthof, Hafenbar oder Marktbodega die Deckel von Kasserollen, in denen auch unbekannte Genüsse schmurgeln.

Von Gesetzes wegen sind spanische Gastwirte angehalten, einen preiswerten Mittagstisch innerhalb ihrer Güteklasse zu servieren. Das Menu del dia, in mehreren Varianten angeboten, ist inklusive Digestif + Cortado eine sehr erfreuliche Geschmacksache. Geheimadressen sind auffindbar jenseits der touristischen Trampelpfade und fern von herkömmlichen Erwartungen.

Dann kommt als Vorspeise Sopa mallorquina oder Trempó (Salat mit Fleischtomaten, Paprika, Oliven, weißen Zwiebeln) aus der Küche, als plato segundo Pescado/Peix al forno (Gekräuterter Fisch aus dem Ofen) und als Hauptgang Conejo con cebolla (Kaninchen mit Zwiebeln), Perdizes (Wachteln), Rinones al jerez (Nierchen in Sherry) oder Callos (Kutteln in Weißwein). Begossen wird das mittägliche Gelage mit zwei, drei Gläsern mallorquinischem Vino Tinto und beendet mit Postres wie Gato d’almerada (Mandelkuchen), Crema catalana oder Pastel di limon.

Auf wohltuende Weise gesättigt, blättert der enthusiasmierte Gast dann die Hälfte von dem was er in den Insel-Hotspots zahlen würde auf den blank gescheuerten Tisch des Hauses. Und hatte dabei mehr Spaß als in einem in Ambiente und Küchenkunst bereits dem Touristengeschmack angepassten Strandrestaurant. Oder dem, was man dafür hielt.

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Menu del dìa

Sopa mallorquina
Kleingeschnittene Paprika, Lauch, Zwiebel, Tomate, Knoblauchzehe anbraten. Weißkohlstreifen und Bohnenstücke zufügen, mit Brühe auffüllen. Mit Salz, Pfeffer, Paprika, Petersilie würzen. Nach 15 Minuten Garzeit zerkleinerte Blumenkohlröschen, frische Erbsen und/oder Spinatblätter für 10 Minuten sanft mit garen. Suppe in einem tiefen Teller über Weißbrotscheiben gießen, die sich ganz vollsaugen sollen. Mit Olivenöl beträufeln.

Pescado al forno
Schwertfisch oder Wolfsbarschkoteletts, die auf einem Bett aus Fleischtomaten, Zwiebeln, Lorbeer, Kräuter, Zitrone, von Weißwein umschmeichelt behaglich schmoren.

Conejo con cebolla
Kaninchen teilen, Fleischstücke salzen, pfeffern, in heißem Olivenöl-Schweineschmalz-Mix gut anbraten. Im Fond 1 kg gehackte Zwiebeln und 6 Knoblauchzehen rösten, mit den wieder zugefügten Kaninchenstücken bei moderater Temperatur garen. Ab und zu mit Brühe angießen. Während der Garzeit 2 Lorbeerblätter, einige Nelken zufügen und Braten mit Weißwein beträufeln.

Gató d’ameties
6 Bio-Eier trennen. Eigelbe mit 150 g Zucker und 25 g Puderzucker cremig schlagen. 250 g gemahlene Mandeln, Zitronenabrieb, Prise Zimt und Nelken darin verrühren, 6 steife Eiweiße unterheben. In einer eingefetteten und mit Backpapier ausgelegten Springform eine Stunde bei 160 Grad backen. Langsam abkühlen lassen, mit Puderzucker bestäuben,  mit Mandel- oder Pistazieneis servieren.

Auswandern light

Der Tourismus spülte Geld in die Kassen und Auswanderer in die Strandhochburgen und Fincas. Innerhalb der rund 877.000 Bewohner sind mehr als 30.000 Mallorca-Deutsche offiziell gemeldet, de facto sollen es mehr als das Doppelte sein. Jährlich gesellen sich mehrere Millionen deutsche Touristen dazu!

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Über die Jahrzehnte entstand ein Staat im Staat, eine deutsche Community mit fast kompletter Infrastruktur und Anzeichen kolonialen Gebarens, wovon die massiven Immobilien- und Grundstücksaufkäufe die Spitze des Eisberges bilden und harmlose Begleiterscheinungen wie deutsche Inselradios, Supermärkte,  Handwerker, Diskotheken, Dortmunder Bierhallen oder bayerische Lederhosentempel noch freundlich geduldet werden. Als sich allerdings 2012 eine Deutsche Partei zu gründen drohte, wurde es selbst den von Natur aus gutwilligen Insulanern zu bunt.

Wer seinen Wohnsitz von Deutschland nach Mallorca verlegt und sich im entsprechenden Terrain bewegt, trifft also auf vertraute Verhältnisse. Schaut man sich auf der Insel aber um, ist nicht zu übersehen, dass viele (nicht nur deutsche) Aussteiger irgendwann über ihre eigenen Illusionen stolperten. Auch auf einer von der Sonne begünstigten Insel sind die Gesetze des Lebens so wie sie eben sind: hart, aber gerecht (na ja!). Die meisten Mallorca-Deutschen bewegen sich in ihrer Community, wissen aber die stupende Originalität und Authentizität der mallorquinischen Kultur und Lebensweise zu schätzen.

Speisen wie das ursprüngliche Mallorca

Eine Fülle wahrer Anti-Aging-Booster - Olive, Olivenöl, Mandeln, Orangen, Zitronen, Tomaten, Spinat, Paprika, Knoblauch, Weintrauben, Bohnen, Artischocken, Kürbis, Spargel, Wein - , die vor der Haustür gedeihen, bringt einfache, aber ausgezeichnete und naturbelassene Gerichte zustande. Wochenmärkte boomen. Täglich kann man sich in den verschiedensten Inselwinkeln mit top-frischem Ackergemüse für Tumbet oder Sopa de ajo eindecken.

Tumbet
Gemüseragout aus Kartoffel- und Auberginenscheiben und Paprikavierteln, die in Olivenöl angebraten werden. Mit einer eingedickten Sauce aus Knoblauchzehen, gehackten Fleischtomaten, Kräutern übergossen, wurde dieses traditionelle Gericht, kalt oder warm, als Vorspeise oder Beilage zum Dauerrenner der cuina mallorquina.

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Sopa de ajo
24 Knoblauchzehen und 4 Toastscheiben in Würfeln in 4 EL Olivenöl anbraten. Gehackte Tomaten darin mit köcheln. Mit kräftiger Gemüsebrühe angießen, mit Lorbeer, Oregano, Chili, Salz, Pfeffer, Prise Zucker würzen. Nach 20 Minuten Suppe pürieren, passieren, mit frisch gehackten Küchenkräutern bestreuen.

Mallorcas Küche profitierte von unterschiedlichen Eroberern: Die Römer importierten Weinreben, die Byzantiner Safran, Vanille und Kreuzkümmel, die Griechen hatten die Olive, die Mauren Mandeln und Orangen im Marschgepäck. Die Köche des traditionellen Maiorica setzen noch heute auf die landeseigenen Bodenschätze, beziehen fangfrischen Fisch, Sardinen und Meeresfrüchte aus eigenem (begrenztem Fang) oder aus Galizien und den Kanaren, bevorzugen Lamm, Spanferkel, Ziege, Kaninchen, Wildgeflügel, halten Hühner außerhalb von Legebatterien, lassen die schwarzen Schweinderl so lange halbwild herumlaufen und Kastanien oder Eicheln schmausen, bis sie reif für den Pata negra-Schinken sind und kreieren Süßspeisen aus Früchten, die eben die Plantage verlassen haben - Orangen, Mandeln, Zitronen, Feigen, Trauben. Ein Küchenprinzip, das in jeder hervorragenden Landesküche mehr oder weniger konsequent angewandt als Erfolgsrezept gilt. Auf Mallorca scheint es besonders gut zu gelingen.

Llomb amb sobrassada
Schmorgericht aus gewürfelter Schweinelende und scharfer roter Wurst aus Schweinehack, gebettet in Fleischtomaten. Weißwein, Knoblauchzehen, Paprika, Thymian, Lorbeer, Pfeffer, Salz und Olivenöl geben die Würze.

Lomo con col
Schnitzelfleisch vom Schwein wird gemeinsam geschmort mit Kohl, Pinienkernen, Kartoffeln und schwarzer Blutwurst (Butifarra).

Lechona
Spanferkel (halb, ganz oder in Stücken) einen Tag vor dem Grillen mit einer Marinade aus Zitronensaft, Knoblauchwürfeln, Salz, Pfeffer einreiben. Mit der mit Schweinefett bestrichenen Schwartenseite nach oben im Ofen nicht zu schnell backen. Ab und zu bepinseln. Vor dem Garende mit Brandy und Zitronensaft übergießen.

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Dorade in der Salzkruste
Gesäuberte Dorade im Bauch mit trockenem Steinsalz, Thymian, Zitrone würzen. 1 kg Salz auf das Blech verteilen, Fisch darauf legen, mit weiterem Salz bedecken, andrücken. Bei 200 Grad eine halbe Stunde backen, Salzkruste aufklopfen und vollständig entfernen. Mit einer leichten Vinaigrette aus Olivenöl, Zitronensaft, Schalottenringen, Petersilie genießen. Dazu frisches Brot, grüne Oliven, Fenchelsalat mit je einem Hauch Zimt und Vanille. Ein kühler Albarinho aus Galizien lässt die Dorade schwimmen.

Suppe oder Eintopf oder Caldereta?
Eine Caldereta ist ein Eintopf mit Schalentieren (de maricos) oder Langosten (de langostas). Nicht zu verwechseln mit Sopas (Plural), was eigentlich mehr ein Eintopf ist, aber dieser nennt sich Potajes, während eine Sopa de pescado (Einzahl) oder Sopa de verdura auf eine Einlagensuppe hinweist und ein Caldo eine starke Brühe verkörpert. Ein Arroz al la marinara ist ein Suppentopf mit Reis, Fisch und Schalentieren, während man mit der Bestellung eines Arroz brut einen Eintopf mit Schweine-, Kaninchen- und Taubenfleisch, Safran, saisonalen Gemüsen und Fonoli mari (Meerfenchel) erwarten darf. Uff!

Eine der gängigsten Mallorca-Spezialitäten kann man gar nicht verpassen - die Ensaimadas, locker-luftige, mit flüssigem Schweinschmalz glasierte Hefeschnecken. Sie verdanken ihre leichte Konsistenz erstaunlicherweise dem kalorienschweren Schweinefett. Genossen werden sie mit Kürbismarmelade zum morgendlichen Cortado con leche, am Nachmittag mit dickflüssiger heißer Schokolade oder am Abend mit einem Glas Sangria.

Kürbismarmelade
1 kg geraspeltem Kürbisfleisch, Orangenabrieb, 500 g Gelierzucker, 2 cl Orangenlikör zum Fruchtmus aufkochen, 4 Minuten köcheln, heiß in saubere Gläser abfüllen.

Für Zwischendurch, zum Apéro oder Cerveza bringen sich Tapas, die kleinen Verführer aus allen Geschmacksrichtungen, ins Spiel. - Simpel und dabei delikat:

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Pan Tostato
Altbackenes Weißbrot goldbraun rösten. Eine Seite zunächst mit einer Knoblauchzehe, dann mit reifen Tomaten einreiben. Mit Öl beträufelt und gesalzen noch mal kurz übergrillen. Warm genießen! Verwandt ist das Pa amb oli, ein Brot mit Olivenöl,  Knoblauch, Tomatenwürfel.

Tortilla de espárragos
Grüne Spargelstangen ohne Enden stückeln, „kopflos“ in heißem Olivenöl anbraten. Spargelköpfe und 2 EL Wasser zufügen, nicht zu weich garen. 6 Eier mit Milch/Schuss Mineralwasser verquirlen, salzen, pfeffern, 1 EL geriebenen Käse einrühren. Masse in eine eingefettete Pfanne gießen, die Spargelstücke darauf verteilen, kurz anbraten und im Backofen bei moderater Hitze goldbraun stocken. Abgekühlt in Stücke teilen.

Aioli
1/2 l Rapsöl, 1/4 l Vollmilch, 10 frische Knoblauchzehen nach und nach zu einer geschmeidigen Creme pürieren. Mit Salz, weißem Pfeffer, Paprika, Spritzer Zitronensaft abschmecken. Mit frischem Bauernbrot dippen.

Vino Mallorquino

Die mallorquinischen Inselweine finden ihren Weg leider nicht in unsere Regale, munden vor Ort wohl ohnehin am besten. Gereicht wird Wein in der Regel zum Essen in Karaffen oder unetikettierten Flaschen. An der Bar glasweise getrunken, erheben ihn Knabbernüsse, Oliven oder ein, zwei Bocadillos zum Snack. Mit einem Alkoholgehalt von 12 bis 14 Prozent (rot) und 10,5 bis 12 Prozent (weiß) und mit einem vollmundigen Ausbau sind Mallorca-Weine gute Partner bei bodenständigen Gerichten. Der geringe Ertrag wird aufgestockt aus den bekannten Festland-Weinbaugebieten Rioja, Kastilien, Katalonien, Navarra. Bis zum 19. Jahrhundert wurde der zuckersüße Malvasier-Dessertwein auf den Steilterrassen des idyllischen Banyalbufar angebaut.

Bereit für die Sonneninsel? - Buen Provecho! Bon Profit!

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Text: Sigrid Jo Gruner/MissWord!/ KochForm

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