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Crêpe, Calvados und Cidre

Crêpe, Calvados und Cidre - Über Gelüste in der Normandie

Crepes

Sie ähnelt ihren Vettern in der ganzen Welt und ist doch einzigartig: Eine echte französische Crêpe legt Wert darauf, nicht mit einem Pancake oder Topfenpalatschinken in dieselbe Gusseisenpfanne geworfen zu werden. Was hat sie, was Pfannkuchen und Kaiserschmarrn nicht haben? Warum schlecken wir uns nach ihrem Genuss noch lange alle Finger?

Wenn der frühe Morgen den Glaubensberg in mystische Nebel hüllt, kuschelt sich der Mont St. Michel wie ein spitz zuragendes, filigranes Törtchen in den Sand des feuchten Untergrunds. Eine winzige Insel in den Nehrungen des Atlantiks. Ein Solitär, der vom Rest der Welt nicht nur durch das Meer getrennt wird. Nur der Schrei der Möwen, Wasser wie geschmolzenes Silber, Stein, der Wikinger und Normannen kommen und gehen sah und welthistorische Ereignisse wie den D-Day des 6. Juli 1944 mit Gelassenheit ertrug.

Der diskrete Charme der Normandie

Und über allem spannt sich ein Himmel von schier unendlicher Weite, um herum eine Weide-Landschaft von bukolischer Anmut, immer noch. Schnurgerade Straßen, die dem Auf und Ab der Hügel nachspüren, grün wogende Felder und Grasland, von Hecken durchkreuzt, von Schafgrüppchen durchbrochen, Klatschmohn neben sonnengelbem Raps, Eichenwälder und der Schatten gigantischer Buchen, windschiefe Steinhäuser, Hortensienbüsche, am Horizont ein Leuchtturm - all das ist die Normandie. Aus dem Dunkel der Jahrhunderte birgt sie Juwelen der Gotik: Kathedralen, Seemannskirchen, Herrenhäuser und Festungen zum Niederknien. Einst Wikinger- dann Normannenland, gesegnet mit einem vibrierenden Licht, das Monet und Braque inspirierte und Maupassant verführte, mit 600 Kilometern Sandküste, an denen sich die Badeorte wie Perlen reihen und mit einem milden Meeresklima, das Äpfeln bestens bekommt.

Normandie_StMichel_gross_kk

Äpfel, die sich wenig später in Cidre, Pommeau oder Calvados wiederfinden - neben Crêpe und Galette, der wunderbaren Isigny-Butter und Crème fraiche, Fleur de Sel, Pont l’Eveque, Neufchatel, Livarot und Camenbert die kulinarischen Trümpfe der Region. Die fettreichste Milch der Welt lässt Milchprodukte gelingen, die kaum zu toppen sind. Die Küche der Normandie bedient sich ihrer regionalen Perlen großzügig und gießt Saucen kräftig mit Cidre auf, flambiert Fleisch und Meerestier mit Calvados.

Sauce Normande
In 50 g Butter Zwiebelwürfel glasig dünsten, eindicken und mit 1/4-Liter Cidre aufgießen, mit Salz, Pfeffer, Muskat würzen. 1/4-Liter Crème fraÎche und Zitronenspritzer runden ab. Landestypisch zu einem gebackenen Camenbert!

Coquilles Saint Jaques
Jakobsmuscheln in Butter anbraten, mit Calvados flambieren. Schalottenwürfel leicht mitdünsten, eindicken, mit 1/4 l Weißwein oder herbem Cidre aufgießen. Mit Knoblauch, Salz, Pfeffer, gehacktem Estragon würzen, frische Champignons einrühren, mit Crème fraiche und Eigelb montieren.

Die Genüsse der Normandie sind pur und schlicht, aber nicht ohne Raffinement, und geizen nicht mit Fettkalorien. Neben den Hafenrestaurants, die die Erträge des Atlantiks zu vorzüglichen Fischgerichten verarbeiten, sind es die behaglichen kleinen Restos und Gasthäuser, die mit hauchdünnen Petitessen aufwarten, bei denen sich die Bezeichnung Pfannkuchen verbietet. Die Crêperie ist die Jausenstation zwischen zwei Kathedralbesuchen, eine behagliche Insel des schnellen und doch raffinierten Genusses, ein Einblick in die normannische Seele. Dem unkundigen Gast legt der Garcon gerne nahe, nach einer herzhaften Galette eine süße Crêpe zu verzehren; beides begleitet von einer bolée fein-herben Cidres, der in der Kehle prickelt und sich mit den Füllungen von Galette und Crêpe bestens versteht. Café und un petit calva machen die kleine Symphonie aus Ei, Mehl, Butter und Zucker bekömmlich.

Pfannkuchen_Johhannisbeeren

Was macht einen Eierkuchen zur Crêpe, einen Fladen zur Galette?

Galette und Crêpe beziehen ihre Originalität aus besten Zutaten, der weltweit fettreichsten Milch von den normannischen und bretonischen Salzwiesen, der goldgelb-cremigen Butter aus Isigny, dem Buchweizenmehl (schwarzer Weizen) aus Josselin, dem grauen Meersalz aus Guérande - und einer originalen Crêpe-Pfanne aus Gusseisen mit flachem Boden.

Galette und Crêpe sind französische Legenden. Von seiner Herkunft her ein Arme-Leute-Essen war es bereits im 15. Jahrhundert in den normannischen Fachwerkgassen Sitte, am Markttag beim Crêpier eine Galette zu verspeisen, z.B. in ihrer Urform als „Complète“ mit Landschinken, Ei und Käse veredelt. Regionale Köstlichkeiten, Pilze, Schimmelkäse, Nüsse, deftige Wurst und feine Schinkenvariationen stehen der Galette gut. Auch Fisch und Meerestiere, Ziegenkäse, Speck, Kräuter-Sauce und Gemüsestreifen passen sich ihr an. Eine Galette mit Roquefort, Birnenschnitzen und Walnüssen ist reine Wonne.

So simpel die Zutaten, so tricky die Zubereitung. Aber mit Übung und Geschick gelingen die hauchdünnen Fladen knusprig und in rascher Folge. Denn eine Galette macht noch keinen Sommer!

Grundrezept Galette:

250 g möglichst originales französisches Buchweizenmehl (Farine de Sarrasin) mit einer Prise Meersalz, 2 frischen Eiern, einem Schuss Milch und 50 ml kaltem stillen Wasser gut mischen, mit 50 g geschmolzener Butter zu einem glatten Teig verarbeiten. 2 Stunden kühl ausruhen lassen. Eine Gusseisenpfanne mit einem gebutterten Baumwolltuch auswischen (Anfänger verwenden eine Anti-Haft-Pfanne). Mit einer Schöpfkelle je eine kleine Teigmenge in der Crêpepfanne gleichmäßig verteilen, auf der heißen Herdplatte bräunen. Wenn sich die Ränder kräuseln, wenden, Füllung in die Mitte geben, stocken lassen, Ränder einklappen, Fladen falten, herausnehmen und warm stellen. Die benötigte Menge aufschichten, warm halten.

Die Crêpe, Angehörige der süß-fruchtigen Fraktion, verwendet Weizenmehl. In verschiedenen Quellen lesen sich die Grundrezepte immer ein wenig anders. Einfach mal experimentieren!

Crepes_Erdbeere

Grundrezept Crêpe:

100 g Mehl mit 1 TL Zucker, Prise Salz mischen. Ein Ei mit etwas Mehl verquirlen, langsam in den Mix rühren und mit dem Schneebesen zu einem glatten Teig schlagen. 50 g flüssige Butter (4 EL) und Zitronenabrieb zufügen, den Crêpeteig im Ofen bei 75 Grad 15 Minuten quellen lassen. In einer Crêpepfanne Butter erhitzen, jeweils kleine Teigmengen einfüllen und durch Schwenken gleichmäßig verteilen. Etwa 2 Minuten von jeder Seite bräunen.

Die beschwingte Variante: Dem Teig Orangenabrieb (einer unbehandelten Orange!), frisch geriebenen Ingwer und einen Spritzer Amaretto zufügen.

Normannische Lieblinge

Klar, dass in der Normandie der Apfel eine tragende Rolle spielt, so wie hier bei der

Crêpe mit Calvados-Äpfeln

200 g Mehl, 1 Ei und 2 Eigelbe, 30 g Zucker, Prise Salz, 60 ml Sahne und 125 ml Milch in einer Schüssel zu einem glatten Teig verquirlen. 30 g geschmolzene Butter und Vanille zugeben. Mit einem Schöpflöffel in einer Crêpe-Pfanne in kleinen Portionen dünn und kross ausbacken, aufeinander schichten und warm stellen. In einer Kasserolle 80 g Zucker schmelzen, 100 g Butter zufügen, mit 125 ml Weißwein ablöschen und 2 EL Ahornsirup einträufeln. Feine Spalten von 3 entkernten und geschälten Äpfeln darin weich dünsten. Von der Platte ziehen und 4 cl Calvados (alternativ: Apfelcidre, Apfelsaft) zufügen. Crêpes mit Apfelkompott und Crème de Chantilly (Vanille-Schlagsahne mit Puderzucker) anrichten.

Crêpe mit Nougatfüllung

2 Eigelbe und 1 Ei mit 1 Prise Salz, 250 ml Milch mit einem Schneebesen verrühren, 125 g gesiebtes Mehl unterheben, 2 TL süße Sahne einrühren und glatten Teig herstellen. Quellen lassen. Butter in einer Pfanne auslassen. Einen halben Schöpflöffel Teig durch Schwenken oder mit einem breiten Holzschaber gleichmäßig verteilen. Crêpes beidseitig goldgelb backen. Mandel- und Nussnougat-Scheiben auf eine Hälfte der Crêpe legen, die andere umklappen und einschlagen. Schmelzen lassen. Mit frischen Himbeeren servieren.

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Der Klassiker: Crêpes Suzette

25 g geschmolzene Butter, 100 g gesiebtes Mehl, 200 ml Milch, 1 EL Zucker, 3 Eier, 1 Eigelb, Prise Salz und 1/8 l Wasser zu einem glatten Teig vermengen. 1 h quellen lassen. In einer Spezialpfanne (oder einer beschichteten) 12 hauchdünne Crêpes ausbacken. Für die Sauce 40 g Butter und 60 g Zucker schmelzen lassen, Saft einer Orange und einer Zitrone zufügen, 3 Minuten durchkochen. Orangenschalenzesten und Orangen-Filets zufügen. Gefaltete Crêpes in der Sauce erwärmen, in einer Kupferpfanne anrichten. 4 cl Grand Marnier und 2 EL Grappa erhitzt darübergießen und flambieren. Sofort heiß servieren.

Exkurs Zitrusfrüchte:

Bereits vor 4000 Jahren wurden sie in China kultiviert. Alexander der Große brachte als erster die bitteren Zedratzzitronen ans Mittelmeer, auf seinem Heimweg vom Asien-Feldzug 324 v. Chr. Sie waren ungenießbar, aber ihre Aromen taugten für Öle. Als glühender Aficionado der Pomeranze pflanzte Friedrich der Große sie vor seinem Junggesellensitz Sanssouci. Allerdings entwickelten diese eine starke Aversion gegen das Klima und mussten ständig erneuert werden. Unbeeindruckt (oder mit preußischer Disziplin?) hielt Friedrich an dieser Liebe fest. Die heutigen Schlossgärtner tun es ihm nach, auch wenn die Pomeranze über die Jahrhunderte kein Einsehen hatte: Sie gedeiht immer noch nicht auf märkischem Sand. Doch die historische Authentizität sollte es wert sein.

Le trou normand - Calvados, Pommeau, Cidre

Cidre

Man liebt ihn besonders, wenn der Staub trockener Sonnentage in der Kehle kratzt. Mit einem tüchtigen Schluck gut gekühltem Cidre macht man es wett.  Der Grieche Herodot beschreibt im 4. Jahrhundert v. Chr., wie Äpfel ausgepresst werden und der römische Schriftsteller Plinius erwähnt den Obstwein ein paar Jahrhunderte später. Heute ist er weltweit zu Hause, vom spanischen Asturien bis nach Südafrika und den Vereinigten Staaten.

Cidre_Aepfel

Pommeau

wird sowohl als Apero als auch als Digestif konsumiert. Frisch gepresster Apfelsaft bildet die Grundlage. Durch die Vermengung mit jungem Calvados werden der Gärungsprozess gestoppt und die fruchtig-süßen Eigenschaften des Apfels, die sensible Würze und Fruchtsäure bewahrt. Ausgeschenkt wird er nach einer mindestens 14-monatigen Gärzeit und mit einem 17-prozentigen Alkoholgehalt. Je nach Apfelsorte differieren die Geschmacksnoten zwischen fein-herb und edelsüß. Als Aperitif sollte er gut gekühlt sein, zu fruchtigen oder schokoladigen Desserts zeigt er temperiert sein Temperament. Als Spirituose noch recht jung - erst kurz nach dem 2. Weltkrieg geboren - konsumiert man ihn vor allem im Sommer als fröhlich machenden Gespritzten. Dass er bei uns noch relativ unbekannt ist, mag der mangelnden Aperitifkultur deutscher Restaurants geschuldet sein, die sich übervorsichtig zwischen Martini bianco, Sherry und Campari-Orange bewegt. Schade, denn ein Aperitif kann mehr als die Magennerven auf ein gutes Essen einstimmen.

Calvados

Der legendäre Apfelbrand ist von älterem Adel. Bereits 1553 wurde die erste königliche Konzession zum Destillieren eines „Eau de Vie de Sydre“ ausgestellt. Es war gerade die Französische Revolution, die den Apfelbaum in der Normandie auf wundersame Weise vermehrte, indem sie jedem Bauern, der Brennobst anbaute, erlaubte, bis zur Höchstmenge von 10 Litern reinen Alkohol abgabenfrei herzustellen. Vor dem 2. Weltkrieg führte der Calva als Bauernschnaps noch ein Schattendasein. Während der deutschen Besatzung, die auch die Beschlagnahme aller französischer Spirituosenvorräte außer Cognac und Armagnac zur Folge hatte, sorgte eine frisch etablierte staatliche Stelle für eine zunehmend bessere Calvados-Vermarktung und Beliebtheit. Heute ist Deutschland neben Japan, der Schweiz und Belgien Hauptabnehmer des französischen Lebenswassers.

Die für die Calvados-Herstellung zugelassenen 48 Apfelsorten teilen sich auf in süße, bittere und saure. Die Mischung macht’s. Der Basis-Cidre durchläuft mehrere Entwicklungsstufen, bis er zwei bis sechs Jahre in Eichen- und Kastanienfässern reifen darf, um in schönen Brauntönen von Bernstein bis Bronze, als VO oder vielle réserve, VSOP (mehr als fünfjährig), Napoléon oder X.P (Extra Old, mehr als sechsjährig) abgefüllt zu werden.

Calvados

Drei verschiedene Klassifizierungen, Calvados, Calvados Pays d’Auge und Calvados Domfrontais dominieren den Markt. Streng davon unterschieden wird der Apple Brandy oder Eau-de-vie de Pomme.

Preisfrage: Was versteht man unter einem „trou normand“?

- Eine Felsspalte zwischen zwei Granitkliffs am legendären 1942er-Omaha Beach?
- Das Wohlgefühl, das entsteht, wenn man zwischen zwei üppigen Gängen den Magen mit Calvados putzt?
- Das Loch im Budget, wenn man einen 40-jährigen Calvados zu sich in sein Heim holt?

Gourmets, Hobbyköche und Profis wissen es natürlich. Dass die alkoholisierten Botschafter der Normandie mehr sind als Magenputzer, beweisen sie in allen Bars der Welt.

Sparkling Rose
4 cl Dubonnet, 6 cl Cidre und 10 cl Zitronenlimonade, mit Apfelspalten garniert.

Acrobat
4 cl Whiskey, 2 cl Limettensaft, 2 cl Cointreau und tüchtig Cidre.

Sir Henry
3 cl Calvados, 2 cl Pfirsichlikör, 3 cl frischer O-Saft, mit eiskaltem Cava oder Cidre aufgegossen.

Apple Blossom
1 cl Martini rosso, 4 cl Calvados, Ananassaft und Grenadine geschüttelt mit viel Eis.

Jack Dempsey
2 cl Calvados, 2 cl Gin, 2 cl Triple sec, 2 cl Zitronensaft, 1 cl Grenadine, 2 Spritzer Pernod kräftig geschüttelt und gesiebt mit Eiswürfeln.

Auch wenn sich der Pommeau pur und gut gekühlt von seiner besten Seite zeigt, ist es einen Versuch wert, ihn mit Cidre zu mischen. Über Apfel- und Pistazieneis gegossen wird er zum zauberhaft erfrischenden Dessert, das einen übervollen Magen versöhnlich stimmt.

Bonne dégustation et bon appétit!

Text: Sigrid Jo Gruner/ KochForm

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