Sexy Wintergemüse = Wurzel hoch Knolle!
Die zurzeit doch sehr weit verbreitete Wintertristesse treibt viele Gemüter vermehrt vor den Herd. Ein warmer Platz, ein gutes Gespräch in geselliger Runde erhellt die Gedanken und vermittelt Geborgenheit. Aber auch ein positiver Nachhall, der vom Jahreswechsel stimulierten Besinnlichkeiten, soll in dieser weiß-grau-monochromen Zeit noch bis spät in den März hinein weitervibrieren. Dazu gehört in dieser oft doch etwas nostalgischen Phase des Jahres auch das Besinnen auf die alten Werte, das Erinnern an alt Hergebrachtes, verbunden mit der Sehnsucht nach (Wahl-) Familienzusammenkünfte und Ritualen. Diejenigen, die nicht in wärmere Gefilde fliehen können, möchten in dieser Zeit eine Verankerung Ihrer Heimatgefühle zelebrieren– der Trend vom Globalen zum Lokalen mundet doch schließlich und endlich im Regionalen. Nicht nur hierzulande und nicht nur im Winter genießt man gerne wieder eine auf guten Regionalprodukten basierende Regionalküche (Inklusive einer CO 2 sparenden Achtsamkeit!).
Die Familie, der zumeist regionalen Wurzelgemüse, Knollen und diverser Rübensorten zählt zu den ältesten Gemüsearten im europäischen Raum, um nicht zu sagen der Menschheit und soll hier eine kleine Renaissance erfahren. Meist galten diese oft derben Knollen und fasrigen Wurzeln mit wenigen Ausnahmen als „grobes“ Gemüse und wanderten in ihrer kulinarischen Evolution vom Mensch zum Tier und umgekehrt.
Geschichtliches: Vom Ge-Mus zum Ge-Garten
Gemüse war geschichtlich gesehen eigentlich zumeist Beifahrer im Topf unserer Vorfahren. Zwiebeln und Möhren besetzen diese Statistenrolle im bunten Gemüsereigen seit ca. 5000 Jahren, gefolgt von Porée (Lauch) und Sellerie. Oftmals waren sie eine Beilage zu Getreidebrei oder Brot, meist aber traf man sie im Suppentopf. Der Begriff „Gemüse“ entstammt hierbei von dem Rat der damaligen Medizingelehrten, diese zu Mus (auch „gemust“) zu verkochen. Verglichen mit unseren heute nach den Regeln der schonenden Zubereitung möglichst sanften Kochprocederen, eine wahre Kochsünde. Erst zu Beginn der Neuzeit (kurz nach dem europäischen Mittelalter; um 1500) wurde Gemüse das erste Mal im ganzen Stück und schonend unter einem die Feuchtigkeit haltenden Deckel gegart. Mit dem Blick nach Italien; bis heute ein „paradiso di verdura“ [Gemüseparadies], begann man nun endlich mehr als zu ahnen, dass es sich um einen wertvollen Nährstoffträger handelt, mit dem man achtsam und schonend umzugehen hatte.
Um die große Vielfalt der Gemüsesorten ein wenig einzudämmen, wenden wir uns hier im Besonderen den nicht ganz so attraktiven Freundinnen wie Frau Wurzel & Fräulein Knolle zu, die uns doch hie und da in unserem nachhaltigen Verhaltensanspruch vom guten Wege abkommen lassen, da ihnen der nicht so gute Ruf der Eintönigkeit vorauseilt. Schon allein bei dem Wort „Pastinake“ erntet man von den meisten GenußexpertInnen einen eher gemäßigten Ausdruck der kulinarischen Beglückung. Was es durchaus zu widerlegen gilt.
Wurzelknollenverdruss und Knollenwurzelrenaissance
Die Kochstätten der Griechen und Römer waren den Europäern natürlich wieder einmal voraus. Neben der knolligen Sellerie landeten auch die Petersilienwurzel und der Kohl in ihren Kochgefäßen. Ihre, durch kriegerische Strategien hinterlassenen Stationen quer durch Europa, brachten schließlich die „gemüsige“ Diversifizierung an den Herd der Kelten, Germanen aber auch der Wikinger. Neben der Zwiebel „cepa“ sei auch der „radix“ als scharfe Wurzel genannt (aber von der Rettichfamilie später einmal mehr). In den Klostergärten des Mittelalters wuchs und gedieh unter höchst spiritueller Obhut neben besagten Rettichen schließlich auch der große Winterknollenklassiker – die Pastinake.
Im 13. Jahrhundert wurden übrigens fast parallel zu diesen, heute langsam wieder geschätzten Süßwurzeln auch die feineren Rübchen angebaut. (Die schon damals als Delikatessgemüse geltenden berühmten Teltower Rübchen, fühlten sich südlich von Berlin in sandigem Boden besonders wohl!). Bis zum 19. Jahrhundert gehörte die Rübe zu den Grundnahrungsmitteln. Doch gleich der Pastinake wurde auch sie von der Kartoffel allmählich verdrängt.
Die Kartoffel, by the way, die an dieser Stelle nur einen kurzen Auftritt erfährt, wurde erst später (ca. 1560) von spanischen Seefahrern nach Europa gebracht. Bevor sie, nach einer einen Zierpflanzenhaltung als sättigendes Grundnahrungsmittel akzeptiert wurde (hiermit nochmals ein Danke an den Preußenkönig Friedrich!), bevorzugte man ein von französischen Reisenden um 1616 aus Nordamerika importiertes ähnliches Knollengemüse. Topinambur wurde damals als reine Delikatesse behandelt. Da sie geschmacklich an eine Artischocke erinnert, wurde sie später auch als „Erdartischocke“ betitelt. Die Kartoffel verdrängte aber bald ihre KollegInnen und wurde zur allgemeinen Volksspeise und zum mittelalterlichen Armeleuteessen. Im ersten Weltkrieg sollte sie die Menschen in Deutschland vor dem Verhungern bewahren. Aber es kam anders.
Aufgrund der schlechten Kartoffelernte dieser kriegsgeprägten Jahre schaffte es ein, aus der Not heraus zum menschlichen Verzehr transformiertes „Viehgemus“ zum Dauerverzehr auf die deutsche Speisekarte: die „ostpreußische Ananas“, auch unter dem herrlichen und vor Sinnlichkeit strotzendem Namen der gemeinen Kohlknolle (-rübe)bekannt (vermutlich eine Kreuzung aus Kohlrabi und Rübe). Nachdem sie als Grundnotnahrungsmitteln in allen erdenklichen Formen verarbeitet wurde (z.B. als Salat, Suppe, Sirup, Kuchen und sogar zu einem, diesen begleitenden Rübenkaffee) und auch bereits vor und im 2. Weltkrieg ein fester Bestandteil der Gemüseeintöpfe (sogar mit einer regelrechten Verordnung zu den so genannten „Eintopf-Sonntagen“) war, folgte ein Jahrzehnte lang nachklingender Überdruss. Man könnte sogar von einem wahren Hass gegen die armen, ja heldenhaften Rübchen sprechen, die die Menschen noch lange nach dem Krieg an „schlechte eintönige Zeiten“ erinnerten.
Knollen-Wurzeln haben ihr Comeback verdient
Lange Zeit wurden diese „knubbelige“ Gemüse-Familie vom Speiseplan verbannt, aber dank ihres zumeist süßen aber auch sehr charakterstarken Geschmacks, schaffen es nun endlich wieder einige der „alten“ Knollen- und Wurzelsorten auf die individuellen aber auch gehobenen (herbst-) winterlichen Speisekarten. Durch spezielle Neuzüchtungen wird ihr Geschmack für die „Neue Küche“ noch optimiert. Aber auch ihr Beiwerk, bestehend aus Blättern und jungen Stielen (auch Stielmus genannt), kann wie Salat, spinatähnliches Blattgemüse zubereitet aber auch in Kräutermischungen und Füllungen zugegeben werden.
Darunter:
Pastinaken (September/November bis April)
Die „wilde“ Pastinake gehört zu den ältesten Sammelpflanzen der eurasischen Urbevölkerung und ist dort; vom Kaukasus bis Sibirien wie in Europa auch heute noch als Wildpflanze verbreitet. Sie ist eine Wurzelrübe und sieht aus wie eine zu groß geratene Petersilienwurzel (bis zu 8 cm). Beide stammen aus der Familie der Doldenblütler. Ihr Zweitname „Hammels – oder Hirschhornmöhre“ verrät, dass sie auch bei den Vierbeinern sehr beliebt war. Empfohlen sind kleinere harte Knollen, da die Größeren leicht holzig sein können. Pastinaken werden geschabt oder dünn geschält und gewaschen, um anschließend je nach Rezept in Würfel, Stifte der Scheiben oder in Spiralen mit Hilfe eines Spiralschneiders geschnitten zu werden. Sie schmecken sowohl gebraten, wie auch aus dem Ofen, sind leicht mit anderen Gemüsesorten zu kombinieren, als Beilage aber auch als Pürée oder zu Suppe püriert und als Salat geraspelt. Tipp: In wenig Wasser garen, da der Pastinakensud durch die Stärke sämig wird und sonst leicht anbrennen kann (ein Binden des Sudes ist nicht notwendig). Die Pastinaken präferieren einen trockenen und kühlen Ort (über mehrere Wochen lagerfähig). Noch besser: Sie werden noch süßer, wenn man sie einfach in der Erde lässt (sie sind frostunempfindlich)!
>>> Ge-sundes im Ge-müs: Reich an Mineralstoffen und Vitaminen v.a. der Gruppe B, Vitamin C und Folsäure, Kalium sowie Kohlenhydrate in Form von süßem Zucker, sättigende Stärke und reichlich Ballaststoffen. Der hohe Gehalt an ätherischen Ölen (bis zu 3,5 %) bestimmt den typischen Geruch und ihr würzig-süßliches Aroma (vgl. Möhren).
Petersilienwurzel (Oktober bis Februar)
Die kleine Schwester der Pastinake wurde von den Griechen und Römern nach Mitteleuropa verschleppt und ist eigentlich aus dem südlichen Mittelmeerraum. Dort wächst die, auch als „Hirschmöhre“ Betitelte am liebsten wild. Die auch als Steinsellerie bekannte helle, zartere Wurzel eignet sich mit ihrem leicht, herben Geschmack (verantwortlich ist das ätherische Öl „Apiol“) auch als würzige Zugabe in Suppen, Brühe und Fonds. Von der Pastinake unterscheidet sie sich über die kleine knospenartige Ausstülpung an ihrem dickeren Ende. Geschält gart sie nicht mehr als 5-8 Minuten. Beim Kauf darauf achten, dass sie fest und ohne Risse sind (keine weichen Knollen mit welken Blättchen) und Achtung diese Mittelmeerbewohner mögen KEINEN Frost!
>>> Ge-sundes im Ge-müs: Petersilienwurzeln sind reich an Vitamin C, B, E sowie das Provitamin A, Kalium, Calcium, Phosphor, Magnesium und Eisen.
Knollensellerie (ganzjährig)
Wie ein kleiner Planet voller Krater und Mulden liegt die deftige, doppelfaustgroße Kollegin der zarten Petersilienwurzel in der Hand. Ursprünglich kommt die, auch als Wurzelsellerie oder Zeller(-knolle) Betitelte ebenfalls aus dem Mittelmeerraum, wächst aber dank ihrer
„Wildheit“ fast überall gerne dort wo feucht-sumpfige und salzhaltige Böden sind. Als Kulturpflanze geht diese Knolle auf Züchtungen des 17. Jahrhunderts aus Italien zurück. Schon ein Jahrhundert später wurde sie zu einem der beliebtesten Gemüse. Trotz ihrer Oberflächenverwurzelung sollte sie glatt, fest und nicht zu groß sein. Die Sellerieknolle hat sich bei uns v.a. durch ihre ätherischen Öle, die unseren Suppen und Eintöpfen diese kräftig unterstreichende Geschmacksnote geben, sowohl trocken als auch frisch, als Suppenbeilagenklassiker durchgesetzt. Großzügig mit einem guten Messer geschält (1 cm) ist sie im Ganzen und je nach Größe gekocht nach ca. 50 Minuten gar (scheibchenweise nach 15 min). Es gilt: je kleiner geschnitten, desto aromatischer und desto kürzer die Garzeit. Auch
wie kleine, panierte Gemüseschnitzel gebraten (und als Extragemüse gekocht) ist sie in dicken Scheiben zu genießen. Im Gemüsefach hält sich die Knolle am besten in ein feuchtes Tuch geschlagen bis zu ca. 2 Wochen frisch.
>>> Ge-sundes im Ge-müs: Sellerie enthält viele Vitamine wie Vitamin B1, B2, B12, C und E, wertvolle Mineralstoffe wie Calcium und Eisen.
Topinambur (Oktober bis April)
Den exotisch-elegant klingenden Namen hat diese auch „Erdbirne“ oder „Jerusalem-Artischocke“ genannte „Indianerkartoffel“ irrtümlicherweise erhalten. Aus Kanada („der Neuen Welt“) nach Europa brachte sie, um 1613 reisende Franzosen, die sie nach den brasilianischen Topinamba-Indianern benannte (- eben auch Indianer ... ). Man war einfach nur in der unwissentlichen Annahme Brasilien und Nordamerika seien geografisch nahe beieinander.
Zu finden ist sie weniger im Supermarkt, denn im Bioloaden und am Biomarktstand. Glatt und fast poliert wirkt ihre rötliche Schale (je heller die Schale, desto feiner der Geschmack). Nicht umsonst war sie von Anfang in Frankreich eine Delikatesse. Louis IX liebte ihre Anwesenheit in einem guten königlichen „Pot-au-feu royal“ [Eintopf]. Von der Kartoffel verdrängt, landete aber auch diese Edelknolle später in den Viehtrögen. Außer bei den echten Kennern wie bei den Jäger und Bauern, geriet sie lange Zeit in Vergessenheit. Kurz blanchiert, ist ihre Schale leicht zu entfernen. Letztendlich und damit sehr einfach in der Handhabung, wird sie ähnlich wie ihr/e Erzfeind/in, der Erdapfel/Kartoffel zubereiten. Ob gekocht, gebraten, püriert, frittiert; als Soufflé, Gratin, oder als Salat geraspelt, bereichert sie jedes Gericht durch ihren zart-edlen und eigenwilligen Geschmack - eine Mischung aus Knoblauch, Pilzen und Nüssen. Als ganze Knolle gekocht ist sie nach 20 Minuten; klein gewürfelt nach 10 Minuten gegart. Zur Aufbewahrung (ca. 5 Tage) am besten sorgfältig in ein feuchtes Tuch wickeln.
>>> Ge-sundes im Ge-müs: Etwa ein Fünftel der Topinamburknolle besteht aus Kohlenhydraten (siehe Inulin). Des Weiteren beinhaltet sie: Kalzium, Eisen, Phosphor, VitaminB1,2 und 6, Folsäure und Niacin.
Kohl-(Steck, Erd- Boden-)rübe (September bis April)
Um der Renaissance, der in Vergessenheit geratenen armen Nachkriegs-Rübe (aus „langer Weile“ auch vielfach umgetauft z.B. in Schmalz, Wruke, Dorsche, Dotsche ...) eine verdiente Chance zu geben, sei eine eiserne Regel vorausgeschickt: Kleinere Rüben kaufen und diese nach dem Schälen nicht länger als 20 Minuten kochen (lieber nur 10), denn erst bei zu langen Garzeiten entsteht der „muffig-kohlige“ Geschmack. Denn eigentlich weist ihr gelbes Fleisch (weißes = Viehfutter) bei richtiger Zubereitung einen angenehm süßlichen Geschmack auf. Statt weiterhin die „immer passende“ Gemüseeinlage für Mutti´s deftige, petersiliengarnierte Eintöpfe sein zu müssen, schreit die Rübe nach Experiment und Exotik. Gerne liegt sie in Scheiben, Stiften, Würfeln oder Kugeln neben Lamm und Gans und mag neben frischem Kerbel auch Dill oder Koriander und statt Kümmel auch Cumin und Curry-Safran. Im Gemüsefach des heimischen Kühlschranks gibt sie 10 Tage Zeit, um sich kreativ an ihr auszulassen.
>>> Ge-sundes im Ge-müs: Wertvolle Mineralien wie Kalzium, Kalium, Traubenzucker, Eisen, Magnesium und Jod sind Inhaltsstoffe der Kohlrüben, ebenso eine Menge an Vitamin C, A und dem B-Komplex. Der Fettgehalt ist gleich null, dafür besitzen die Rübchen Eiweiß (ca. 2,5 %) und sehr viel Kohlehydrate (ca. 10 %) (=Schlechtezeiten-Nahrungsquelle).
Schwarzwurzeln (Oktober bis April)
Mit Gummihandschuhen bewaffnet (Achtung sie färben!) geht es los: Wurzeln in kaltes Wasser legen – abschrubben - unter fließendem Wasser schälen - mundgroße Stück schneiden – in Zitronensaft zwischenlagern. Wichtig: Auch wenn ihnen der Arme-Leute-Spargel-Ruf vorauseilt, sollte man nicht zu dünne Stangen auswählen, denn man produziert gut ein Drittel Abfall. Dick in Zeitungspapier gewickelt, halten sie sich in kühlem Raum ca. 2 Tage. Bekannt ist diese Wurzel mit ihrem herbwürzig Geschmack heute zumeist aus dem Glas, als Salat oder auch als Eintopfklassiker. Auch zu Fisch schmeckt sie in der Leichtigkeit ihrer Konsistenz hervorragend. Übrigens ist sie ein naher Verwandter des Löwenzahns (Südeuropa). Nach 20 Minuten ist sie gar und schwimmt dann gerne auch elegant in hellen Saucen (auch mit Fischsud zubereitet), lässt sich aber auch in der Pfanne braten, frittieren, gratinieren und mit viel Zitrone beträufelt, roh gerieben genießen (aus den Wurzeln tritt Milchsaft aus, der sofort oxydiert und stark färbt (Zitrone hilft bei Fingerverfärbungen).
>>> Ge-sundes im Ge-müs: Auch diese Wurzel beinhaltet viele Mineralien wie Kalium und Eisen, Vitamin B1 und E sowie Folsäure.
Rezepte aus dem Gemüsegarten
Knusper-Topinambur auf dem Allerlei-Salatbett und andere grüne Varianten
An dieser Stelle empfiehlt es sich zunächst und ganz nach dem eigenen Salatgeschmack einen schönen bunten Wintersalat als Bett für die edle Wurzelkönigin zu zaubern. Blattsalatsorten wie grüner Salat, Lollo Rosso, Radicchio oder Rucola beispielsweise mit roten Farbtupfern durch Tomaten, Paprika und Radieschen aufpeppen. Topinambur in kleinen Scheibchen in wenig Fett anbraten (kann aber auch frittiert werden). Um den herben, pilz-nussigen Geschmack noch zu verstärken, Zwiebeln und Speckstreifen anbraten und den Salat mit Walnüssen anrichten und servieren. Knoblauch ist fast nicht nötig. Kohlrüben, Sellerie und Pastinaken schmecken im Salat roh und ebenso vorgekocht. Probieren sie z.B. den nächsten Partykartoffelsalat ruhig auch einmal mit den knolligen Verwandten. Besonders frisch: mit Lauch- oder Lauchzwiebeln, geriebenen Äpfeln, Birnen, Nüssen und einem leichten Joghurtdressing. Und wenn möglich geben Sie viele frische Kräuter dazu: Einer der Favoriten ist der Koriander. Aber auch ein Geschmacksbruch wie süß z.B. in Honig lasiert mit Weißweinessig mariniert und Blauschimmelkäse und Birnen oder frischen Feigen serviert.
Thailändische Kohlrübensuppe
Eine große Kohlrübe würfeln und mit einigen kleinen Petersilienwurzel und Pastinaken (geraspelten oder gewürfelt) mit frischem geriebenen Ingwer, Knoblauch und ca. 2 Tel. Currypulver anbraten, mit einem knappen Liter Brühe ablöschen und ca. 15 Minuten köcheln lassen. Mit Stabmixer pürieren und ungesüßter Kokosmilch (ca.400ml) und Zitronensaft verfeinern. Mit frischem Koriander und wahlweise gebratenem Topinambur, Räuchertofu, Hühnerbruststreifen oder Räucherlachs servieren. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Weiße Topinambursuppe mit Haselnusscroutons (auch mit Schwarzwurzel)
10 geschälte Topi-Knollen grob würfeln und mit einer fein gewürfelten Zwiebel in einem Topf mit etwas Butter (50g) ca. 10 Minuten andünsten. Mit je 400 ml Milch und Gemüsefond ablöschen und mit Salz, Pfeffer und frischer Muskatnuss abschmecken. Leicht weiterkochen bis die Knollen weich sind. Suppe pürieren und die Sahne (200 ml) sowie einen Schuss Weißwein einrühren, aufkochen und die Croutons (Toast- oder Graubrotwürfel) in Butter mit gemahlenen Haselnüssen rösten und mit frischem Majoran, Kerbel oder französischem Estragon servieren.
Französisch: Pastinakenquiche
2 große oder 4 kleine Pastinaken und ca. 5 mittelgroße Kartoffeln ca. 20 Minuten garen. Parallel 2 kleine Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen und etwas gewürfelten Speck in einer Pfanne anbraten und einen in Scheibchen geschnittenen großen Apfel kurz mitdünsten. Quicheteig (Mürbe- oder Blätterteig) mit einer Gabel angestochen kurz im vorgeheizten Ofen in einer Quiche- & Tarteform (ca.200°C) vorbacken. Quichesahnemasse aus einem ¼ l Sahne (oder Schmant), 1-2 Eiern und etwas Reibekäse zubereiten (würzen mit Salz, Pfeffer, frischem Schnittlauch oder französischem Estragon) über die Quiche gießen (zuvor Pastinaken, Speck-Apfelmasse und Kartoffeln auf den Teig schichten). Backen bis der Käse goldgelb ist (ca. 30 Minuten bei 175°C). Dazu einen knackigen Salat servieren.
K &W-Beilagen: Klassisch, püriert, gegrillt, orientalisch, mediterran
Die Knollenfamilie eignet sich neben den sanft gegarten und gedämpften Varianten, die ihren Eigengeschmack hervorheben auch hervorragend als Gratin (mit Sahne-Ei-Käsemischung überbacken) und Grillgemüse. Wichtig: das Gemüse sollte generell in gleich große Stücke geschnitten werden. Gegebenenfalls knackig vorgaren. Als Ofengemüse neben Salz und frischem, grobem Pfeffer mediterrane Kräuter wie Rosmarin, Thymian, Herbes de Provence oder orientalische Gewürzen wie eine Currymischung aus Cumin (Kreuzkümmel), Kukuma, Fenchelsamen, Chili u.a. mit Olivenöl und zerdrücktem Knoblauch mischen und das Gemüse darin schwenken und bestreichen und bei 200 °C im Ofen ca. 30 Minuten mit Oberhitze grillen (auch lauwarm als Antipastivorspeise reichen).
Als feines Püree oder Stampf können fast alle hier dargestellten Gemüsearten verarbeitet werden. Kartoffeln, Pastinaken, Petersilienwurzeln, Karotten und Sellerie ergeben die beste Mischung für Basis + süss + herzhaft. Traumhaft schmeckt aber auch ein Sellerie-Kartoffelstampf mit Sahnemerrettich. Hier können Kräuter eingerührt oder frittierte Knoblauchscheibchen darüber gestreuselt werden. Lecker sind auch kleine Topinamburtaler oder Puffer, die zusammen mit Möhren geraspelt werden. Mit einer Masse aus 2 Eiern und frischen Kräutern oder Lauch vermischt werden sie zu kleinen Vegi-Talern (-Puffern) goldbraun gebacken.
All diese Beilagen sind passend zu fast allen deftigen Fleischklassikern, gegrilltem Fisch aber v.a. auch zu süßlich Mariniertem wie z.B. mit Honig, Knoblauch, Sesamöl, Sojasauce und Limetten eingelegtes Puten- oder Schweinefleisch (zu Beginn scharf anbraten, um das Fleisch zu karamellisieren).
Es bleibt exotisch: Wurzelgemüse-Eintopf mit Honigente (-huhn)
Enten- oder Hühnerkeulen in einer Mischung aus Orangensaft (nebst Schale) einer Orange, Thymian, Nelkenpulver und Pfeffer marinieren oder direkt in einer gut beschichteten Pfanne rundum leicht anbraten, salzen, pfeffern und mit Piment- oder Muskatpulver bestreuen, mit Honig oder Zuckerrübensirup bestreichen und im Ofen ca. 40-60 Minuten (ca.185°C) knusprig braten. In einem großen Schmortopf Sellerie in kleinen Würfeln, mit Frühlingszwiebeln (oder Lauch), Koriander und Kreuz- oder/ Fenchelsamen sautieren. Das Gemüse sollte nicht braun sondern noch weich bis knackig bleiben. Mit Gemüsebrühe bedecken (ca. 1l) und mit diversem Wurzelgemüse nach eigener Wahl wie Pastinaken, kleinen Steckrüben, Petersilien- und/oder Schwarzwurzel (ein gutes halbes Kilo) zugeben und mit einem Esslöffel Honig (nach Wunsch auch asiatisch mit einem kleinen Schuss Terriaky oder Sojasauce) 25 Minuten weiter leicht kochen lassen. Mit Zitrone abschmecken und den knusprigen Geflügelschenkeln anrichten.
>>> Exkurs: Knolle lindert Winterwehweh
Die Verbreitung und Akzeptanz der medizinischen Wirkung von Knollen und Wurzelgemüse begann schon um 1000 n. C. sprich relativ früh. Bei „Winterfreuden“ wie Nieren – und Harnwegsbeschwerden ist beispielsweise Sellerie (aber auch Tobinambur) von großem ernährungsphysiologischem Wert; Sellerie mildert Husten und entwässert (Bei wenig Bewegung bleiben Stauungsgefühle nicht aus). Topinambur ist Nieren reinigend und gilt durch seinen, im Körper zu Fruchtzucker aufgespalteten Inulin-Anteil als Kartoffelersatz für Diabetiker. Als Heilmittel können auch Pastinaken und Petersilienwurzel als Tee aufgegossen werden, wirksam gegen Magenschmerzen, Schlaflosigkeit und Fieber. Die Inhaltsstoffe sollen weiterhin blutreinigend, Wasser treibend und schmerzlindernd bei Blasenbeschwerden sein. In manchen Ländern gelten (Kohl-)Rübchen als „Schutz-Gemüse“ vor Krankheiten. Durch die Inhaltsstoffe wird die Bildung neuer Blutkörperchen angeregt. Außerdem wird dem, am besten roh geraspelten Gemüse eine günstige Wirkung auf Nervenzellen nachgesagt (… und bei diesem langen Winter sind stabile Nerven auch durchaus von Nutzen).
Und das Wichtigste zum Schluß: Manch´ allzu unscheinbarer Knolle/Wurzel sagt man; und das wußten bereits die alten Römer und Griechen, eine aphrodisierende und Potenz steigernde, zumindest aber stimmungsaufhellende Wirkung nach.
Fazit: dieses manchmal etwas blasse Regionalgemüse ist durchaus sexy und ein ernst zu nehmendes, sehr leckeres Wintergemüse.
Viel winterliche Freude also mit den knolligen Wurzelfreunden!
Text & Fotos: A. Sademann