Im gutbürgerlichen Festmenü waren sie lange unverzichtbar, nach der Suppe trudelten sie ein, die Königinpastetchen lothringischer Herkunft. Knusprig-blättrige Teiggebilde, in deren Innenleben sahnig-säuerliches Ragout fin unter einem krossen Deckel schmurgelte. Bezwang man das ganze Pastetchen, blieb für die Hauptspeise kaum noch Platz. Sherry räumte den Magen auf. Noch immer finden sie ihre treuen Anhänger. - Aber die Pastete kann auch anders!
Bouchées à la reine - Königinpasteten klassisch
200 g geviertelte Champignons in Zitronensaft und 1/8 L Kalbsbrühe köcheln lassen. Brühe abgießen, Mix aus 1/4 l Sahne und Eigelb unterziehen und sämig einkochen. Mit Worcestershiresauce, Salz, Pfeffer, Zitronenabrieb, Medium Sherry abschmecken. Gewürfeltes gekochtes Kalbfleisch und Pilze darin ziehen lassen, mit gehacktem Estragon oder Schnittlauch bestreuen. Fertige Pasteten mit einem Eigelb/Milch-Mix bestreichen und im Ofen aufbacken. Pastete füllen, mit dem „Krönchen“ verschließen und auf Kresse servieren.
Variante mit Morcheln & Kalbsbries
400 g Blätterteig gut 0,5 cm dick ausrollen. Runde Plätzchen (40-48 Stück) mit 8 cm Durchmesser ausstechen. 10-12 davon als Pastetenböden auf das Blech setzen, mit der Gabel 2-3-mal einstechen. Identisch große Böden innen (mit einer Dose) kreisrund ausstechen und auf die ersten setzen. Evtl. mit Eigelb befestigen. 2 cm Teigrand stehen lassen. Ränder anfeuchten. Goldbraun backen. - Ragout aus eingeweichten Morcheln, in Butter gebratenem Kalbsbries, gehackten Frühlingszwiebeln, Schalotten, Weißwein, Madeira, Gemüsebrühe, Kalbsbrühe, Sahne, Rahm herstellen. Würzen mit Estragon, Majoran, Muskat, Salz, Pfeffer und Zitrone. Alternative: Mit kleinen Krebsen oder Sardellenfilets, Kalbszunge, Dill und feinen Frühlingszwiebeln in einer Béchamelsauce.
Pasteten und Terrinen: mit den Füßen im Wasserbad
Unter Pastete laufen heute auch Patés und Terrinen. Ohne Teighaube oder -kruste erhalten diese in einer mit Speck ausgelegten Keramik-, Porzellan- oder Kastenform im Backofen-Wasserbad ihre zarte Dröhnung. Das Ergebnis ist identisch: Verschiedenartige Einzelzutaten verbinden sich, verkleinert und passiert, zu einem würzig-wohlschmeckenden Ganzen. Die Paté oder Terrine will bei milder Hitze geduldig gegart werden. Zu starke Temperaturen bewirken Fett- und Saftverluste und machen das geschmeidige Innere bröckelig und strohtrocken. Auch das Aroma geht in Luft auf.
In der Gourmetnation Frankreich kreiert jedes Bistro oder Restaurant, das auf sich hält, eine eigene Paté maison, deren Rezept strengster Geheimhaltung unterliegt. Mit Cornichons, Perlzwiebelchen und Baguette frisch vom Boulanger liebt man sie als Magenöffner oder delikaten Imbiss.
So oder so ähnlich könnte sich eine Paté maison präsentieren. Das Prozedere wiederholt sich bei einer grandiosen Variationsbreite an Zutaten:
Terrinen eignen sich gut für eine (gekühlte) Vorratshaltung. Um Lebensmittel aufzubewahren und gleichzeitig frisch zu halten, haben sich unsere Vorfahren zu Zeiten, als der Kühlschrank noch Zukunftsmusik war, eine Menge einfallen lassen. Sie pökelten, räucherten, hingen ab, kochten oder legten sauer ein. Zu „verwursten“ ist eine besonders vielseitige Technik, Fleisch haltbar zu machen und gleichzeitig zu veredeln.
Mini Sheraton beschrieb vor über 30 Jahren in ihrem „German Cookbook: A Complete Guide to Mastering Authentic German Cooking“ den deutschen Esser als Fan großer Portionen roten Fleisches. Als typische Gerichte zitiert sie Eisbein, Hasenpfeffer, Saumagen, Labskaus, Blutwurst, Schwenker, Brat- und Weißwurst, Frankfurter, Spätzle und Klöße. Und natürlich - Sauerkraut! Viele Gerichte auf dieser Roten Liste haben die meisten von uns noch nie gekostet - aber was soll’s - Klischees halten sich lange. In einem Punkt hat Mimi recht: Veritable Fleischesser sind wir, 60 kg jährlich pro Kopf. In Pasteten verarbeitet fällt dies allerdings weniger auf...
Kleine Kniffe für Wohlgeschmack:
Die Liebe der Deutschen für ihre Leberwurst
Eine große Schwäche für Leberwurst eint vermutlich viele Menschen hierzulande. Sie ist Seelentröster und Schmerzpflaster, herzhafter Aufstrich auf der Schul-Stulle, getrüffelt oder von Hirsch und Gans eine Delikatesse im edlen Töpfchen. Selbst Models wie Eva Padberg bekennen sich ungeniert zu ihr. Leberwurst macht einfach gute Laune. Allerdings steckt in einer Kalbsleberwurst nur ein geringer Anteil Kalbsleber und in einer Gänseleberpastete nur ansatzweise Gans. Hauptbestandteile sind und bleiben Schweinefleisch und Speck.
Deftige dänische Leberpastete
500 g Leber und 500 g frischen („grünen“) Speck nacheinander durch den Wolf drehen, kühlen. 100 g des Specks auslassen, 500 g passierte Zwiebeln darin hellgelb dünsten. Alles nacheinander pürieren, mischen, zwei Eier einarbeiten, mit gehackten Anchovisfilets, Pistazien, Nelkenpulver, Prise Zimt, Salz, Pfeffer würzen.
Home made Landleberwurst
500 g Schweineleber, 250 g frischen Bauchspeck, 500 g nicht zu mageres Schweinefleisch mit Knoblauch- und Zwiebelwürfeln durch den Wolf drehen. Kräftig mit Meersalz, Piment, Pfeffer Muskat, Majoran, Thymian, Salbei, Kümmel würzen. Wurstmasse in sterilisierte Gläser füllen. Mit verschlossenen Deckeln in die Fettpfanne im Backofen stellen, auf genügend Abstand achten! Die Fettpfanne bis unter den Rand mit warmem Wasser füllen und in die Backofenmitte schieben. Ofen auf 160 Grad stellen und 1,5 Std. garen. Herausnehmen und erkalten lassen.
Die feinere Variante verwendet Kalbsleber, Kalbfleisch, Speck, getrocknete Steinpilze, Petersilie, Zwiebeln, Sahne, Eier und würzt mit Piment, Muskat, Thymianzweigen, Rosmarin und einem Schuss Brandy.
Apropos - Welche Küchenhelfer braucht’s?
Ein Kosmos an Geschmacksnoten
Feinschmecker-Terrinen greifen auf Spargel, Blattspinat, Erbsen, Feigen und Artischocken, Ente und Gans, Hirsch, Wildschein, Reh, Wildente, Reh und Kaninchen, Lachs, Forelle, Zander, Krebs und Krabbe zurück und legen sich auch bei geräucherten Austern keine Zurückhaltung auf. Patés und Terrinen mit einem solchen Ritterschlag sind noble Menü-Vorspeisen, Blickfang auf dem Büffet oder Objekt der Begierde als Canapé beim Champagnerempfang.
Reisen Sie allerdings nach Kanada und bietet die Speisekarte Oyster Terrine an, erwartet Sie keine Paté, sondern eine sahnige Suppe auf Milchbasis. Austern, die vorher in ihrer Lake mit Butter gegart wurden, bis die Ränder sich wellten, schwimmen in ihr so lange, bis Sie den Löffel eintauchen.
Aromatische Wildterrine (nach Lea Linster)
Hier besteht die Füllung aus 500 g Hirsch- oder Rehfleisch mit 100 g fettem Schweine-Brustfleisch, 200 g Gänse- oder Entenleberpastete und 125 g Hühnerleber, Sahne, Cognac, Pastetengewürz. Als Einlage schmecken in Butter sautierte Pfifferlinge (oder Herbsttrompeten) und Schalotten. Pastete zwei Tage durchziehen lassen, bevor sie mit (in halbtrockenem Riesling und Spätauslese mit einem Tl Honig pochierten) Apfel- oder Birnenwürfelchen serviert wird.
Edle Lachs-Forellenterrine
Die pikante Terrina di fegatini con asparagi (Spargelpastete) aus dem Veneto erhält im Kühlschrank ihre feste Konsistenz:
Das Glück im Einmachglas
Rillettes und Confits tanzen ein wenig aus der Reihe. Da sie aber einfach lecker lecker sind, reihen sie sich hier ein.
Entenrillette ist eine charmante Verbindung von ausgelassenem Entenfett, bis zum Zerfall gegarten Entenbrustfilets und ordentlich viel Schweineschmalz. Das fruchtig-kräuterige Gegengewicht stellen Orangensaft, Orangenabrieb, Nelke, Thymian, Beifuß, trocken gerösteter Lorbeer und frische Minze. Kurz vor Garende eingefügte Cranberrys fügen einen Schuss Pikanterie dazu. In einem Steinzeugtopf komplett in Schmalz gebettet, hält sich Rillette monatelang. Mit Salz, Kresse, eingelegten Rotweinzwiebeln köstlich zu kräftigem Landbrot.
Wichtig: Fleisch vorab kräftig mit Gewürzen einreiben und einige Stunden ziehen lassen.
Gänse-Confit
Bei diesem sehr edlen, gleichzeitig unkomplizierten Confit machen Gänsekeulen und Schweineschmalz mit Knoblauch, Thymian, Wacholderbeeren, Lorbeerblatt, Muskat, schwarzen Pfefferkörnern und Nelken das Rennen. Das vorher mit Gewürzen marinierte Fleisch wird in geschmolzenem Gänse- und Schweineschmalz, 1/2 L Weißwein und Thymian gegart, bis sich das Fleisch leicht vom Knochen löst. Mit dem noch flüssigen Schmalz und Fleischsaft in eine Terrinenform gefüllt, festigt es sich im Kühlschrank. Solange es gut mit Schmalz bedeckt ist, bleibt es gekühlt bis zu 6 Monaten verzehrbereit.
Im Land der vielen Wurstwaren ist das Abendbrot gerne deftig und fleischgeprägt. Aber immer wieder weht ein Lebensmittelskandal über die Fleischtheken, und der deutsche Verbraucher sieht Zusatz-, Farb-, Ersatz- und Konservierungsstoffe in verarbeiteten Produkten zunehmend als bedenklich an. Immer mehr Menschen bereitet es Freude und Genugtuung, sich selbst mit köstlich-frischen und selbst zubereiteten Patés, Terrinen und Pasteten zu verwöhnen und abgepackten Wurstwaren oder Fischkonserven die kalte Schulter zu zeigen. Eine „Hausmacher“-Paté gibt einer simplen Brotzeit einen Hauch von Opulenz.
Text: Sigrid Jo Gruner, MissWord!